Was sind Register?
Register liefern Daten, die die Gesundheitsversorgung unter Alltagsbedingungen mit wissenschaftlichen, fachübergreifenden Methoden beschreiben. Diese Daten können Zusammenhänge erklären und die Effektivität einzelner Interventionen in der Praxis untersuchen. Indem Register diese Informationen über einen langen Zeitraum sammeln, schaffen sie die Grundlage für genauere Analysen.
Weltweit gibt es eine Vielzahl verschiedener Register. Unterschieden werden sie in Produktregister (oft industriefinanziert, z.B.: für ein neues Implantat), Krankheitsregister (z.B.: für Diabetiker), Versorgungsregister (z.B.: für den Vergleich zwischen minimalinvasiven Eingriffen und offener Chirurgie) und Arzneimittelregister.
Historisch gesehen wurden schon seit langem individuelle Daten zu bestimmten Krankheiten gesammelt. Das erste permanente Register, das die erfassten Fälle weiterverfolgte, erschien dann 1856 in Norwegen: das nationale Lepra-Register.6
Andere Register folgten und lieferten Informationen über Prävalenz und Inzidenz verschiedener Krankheiten auf Bevölkerungsebene sowie andere grundlegende epidemiologische Daten: Register haben sich seither als Grundlage für gesundheitspolitische und versorgungsbezogene Entscheidungen etabliert.
Eine dynamische Entwicklung
Seit ihren Anfängen entwickeln sich Register dynamisch weiter. Neben epidemiologischen Daten wurden in den vergangenen Jahrzehnten vermehrt klinische Daten in große Register aufgenommen. Darunter fallen Daten aus dem Versorgungsalltag, die direkt vom Behandlungsteam erfasst und weitergeleitet werden.
Damit wurde es möglich, erste umfassende Registerstudien durchzuführen. Besonders bei Fragestellungen, die eine klassische randomisierte kontrollierte Studie (RCT) nicht gut beantworten kann, bieten Registerstudien großen Mehrwert. Eine Registerstudie kann die Effektivität einzelner Behandlungen und Interventionen bewerten und Rückschlüsse für bestimmte Gruppen von Betroffenen ziehen.1 Viele Vorgehensweisen konnten so angepasst werden und Patient:innen konnten direkt von diesen Verbesserungen profitieren.2
Real World Daten und PROMs
Weitere neue Möglichkeiten eröffnen sich durch die zunehmende Bedeutung von Real World Daten, die im deutschen Sprachgebrauch auch als versorgungsbezogene Daten bekannt sind. Real World Daten stammen im Gegensatz zu klinischen Daten aus der “echten Welt”. Sie umfassen alle Informationen, die auf nicht-interventionelle, beobachtende Weise in einer natürlichen Umgebung erhoben werden und stammen aus einer Vielzahl von Quellen, z.B. aus elektronischen Gesundheitsakten, Routinedaten der Krankenversicherungen oder mobilen Anwendungen und Gesundheits-Apps.
Auch Patient-Reported Outcomes (PROs) gehören dazu: Mithilfe von strukturierten Fragebögen, den Patient-Reported Outcome Measures (PROMs) kann die Perspektive der Patient:innen dargestellt werden; ein Punkt von überragender Wichtigkeit für die medizinische Forschung. Dafür erheben PROMs eine Selbsteinschätzung der Symptome, Beeinträchtigungen und ganz grundsätzlich der Lebensqualität von Patient:innen. Auf elektronischem Weg lassen sich PROMs schnell und strukturiert erheben, während der Aufwand für Gesundheitspersonal und Patient:innen gering ist.
Gerade PROMs, aber auch Real World Daten generell, werden zunehmend in Register aufgenommen: Das Versprechen, die Realität der Versorgung abzubilden rückt somit ein großes Stück näher. Register, die um PROMs und RWD ergänzt werden, haben eine ganz neue Aussagekraft.
Register generieren Evidenz
Lange galten randomisiert kontrollierten Studien als einzige Quelle, um Evidenz zu generieren. Mithilfe spezieller Studiendesigns kann nun aber auch aus registerbasierten Real World Daten sogenannter Real World Evidence (RWE) abgeleitet werden: Evidenz aus der echten Welt ergänzt in diesen Fällen die Evidenz aus kontrollierten Studien. Aktuelle Studien können eine Gleichwertigkeit der aus guten Registern gewonnenen Evidenz gegenüber dem Goldstandard der randomisierten kontrollierten Studien nachweisen.5
In wichtigen Bereichen wie der Zulassung und Vergütung neuer Medikamente oder digitaler Gesundheitsanwendungen spielen registerbasierte Real World Daten eine wachsende Rolle. Ebenso übernehmen Register zunehmend Aufgaben in der Qualitätssicherung und in der Versorgungsforschung.3 Auch hier sind besonders PROMs und die Erhebung von Daten zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität aus Sicht der Patient:innen von großer Bedeutung. Es geht nicht mehr nur darum, dass eine Behandlung einzelne klinische Parameter verbessert; Patient:innen sollen eine spürbar und nachweisbar höhere Lebensqualität erlangen, wenn sie behandelt werden.
Digitale Lösungen
Die Digitalisierung erleichtert das Arbeiten mit Registern zudem enorm. Denn Planung und Management von Registern sind bis heute sehr aufwändig. Die notwendige hohe Datenqualität erreicht ein Register nur bei korrektem methodischen Vorgehen. Zeit- und Personalmangel in den Kliniken und Praxen sind bereits bei der Versorgung der Patient:innen ein Problem und beschränken auch den Zugang zu Registern.
Zudem sind die schon verfügbaren, standardmäßig erhobenen Daten oft zu allgemein, unstrukturiert oder uneinheitlich. Damit existieren zwar viele, selten aber für eine Fragestellung passende, prospektiv angelegte, hochqualitative Register. Diese Heterogenität ist ein weiteres Problem.
Digitale Lösungen machen es möglich, dass der Zeitaufwand beim Führen eines Registers deutlich geringer ausfällt. Über ein modernes IT-System zum Datenmanagement lassen sich außerdem Daten einheitlich aufnehmen und stehen in hoher Qualität für verschiedene Auswertungen zur Verfügung. Ein automatisiertes Consent Management erfüllt datenschutztechnische Anforderungen. So lassen sich mit vergleichsweise wenig Aufwand vielseitige Studien durchführen.
Erkenntnisse für die Zukunft
Register liefern seit über hundert Jahren wertvolle Erkenntnisse für die medizinische Versorgung. Im 21. Jahrhundert umfassen sie neben epidemiologischen und klinischen Daten auch Real World Daten – und hierbei in erster Linie PROMs. Auf diese Weise bilden sie die Behandlungsrealität der Patient:innen, ihre Krankheitsverläufe und die Wirkung der verwendeten pharmazeutischen und medizintechnischen Produkte besser ab als je zuvor.
Digitale Technik erleichtert das Arbeiten mit Registern enorm und ermöglicht es, Real World Daten aus verschiedenen Quellen in großem Umfang zu integrieren. Die Perspektive der Patient:innen rückt mit der Berücksichtigung von Patient-Reported Outcomes in den Fokus: Ein Gesundheitssystem wird möglich, in dem Erkrankungen effektiv und kostengünstig behandelt werden können – und zugleich die Lebensqualität der Betroffenen steigt!