Value-Based Reimbursement: Bedeutung der Qualität in der Vergütung

Die bestmögliche Versorgung für alle Menschen in einem Gesundheitssystem mit begrenzten Ressourcen zu organisieren, stellt eine wachsende Herausforderung dar. Immer mehr Länder setzen daher auf Programme im Sinne von Value-Based Healthcare. Hierbei spielt die Vergütung eine zentrale Rolle. Auch in Deutschland etabliert sich mit der wachsenden Nutzung von Qualitätsverträgen eine neue Sichtweise, den Fokus auf das Wesentliche zu legen: die bestmögliche Behandlungs- und Lebensqualität aller Patient:innen.

Qualität statt Quantität

Der Grundgedanke eines sozialen Gesundheitssystems liegt in der korrekten, jedoch nicht übertriebenen medizinischen Behandlung von Menschen. Traditionell wurden medizinische Einrichtungen basierend auf der Anzahl der durchgeführten Behandlungen bezahlt, was dazu führte, dass einige Behandlungen häufiger durchgeführt wurden als rein medizinisch notwendig. Dieses System, auch als “fee-for-service” bekannt, schuf Anreize für die Quantität der Versorgung, jedoch nicht immer für deren Qualität. Dies führte zu steigenden Kosten in Gesundheitssystemen, ohne notwendigerweise eine bessere Gesundheit für die Patient:innen zu gewährleisten.

In diesem Kontext wurde das Konzept des “Value-Based Healthcare” (VBHC) entwickelt, eine auf Qualität ausgerichtete Versorgungslandschaft. VBHC zielt darauf ab, Ressourcen gerecht, nachhaltig und transparent zu nutzen, um bessere Ergebnisse und Erfahrungen für die Patient:innen zu erreichen. Ein zentraler Faktor dabei ist die Bewertung des “Value” (dt.: Wert) jeder medizinischen Maßnahme. Das bedeutet, dass der Wert einer Behandlung oder Maßnahme anhand des gesundheitlichen Nutzens für die Patient:innen im Verhältnis zu den Versorgungskosten und dem Aufwand beurteilt wird. Im Rahmen von VBHC werden Maßnahmen priorisiert, die durch Qualitätsverbesserungen einen höheren Wert für die Patient:innen generieren. Daher werden in verschiedenen Ländern Programme eingeführt, die finanzielle Anreize setzen, um den Value in den Mittelpunkt der Vergütung zu stellen und eine höhere Qualität in der Krankenversorgung zu fördern.1

Eine Übersicht über die Fachbegriffe zu PROM, VBHC und CROMs finden Sie in unserem Glossar.

Die Einführung von Value-Based Reimbursement in der Gesundheitsversorgung

USA

Der Affordable Care Act, auch als “Obamacare” bekannt, hat die Idee von Value-Based Reimbursement in den USA im Jahr 2010 vorangetrieben. Unter diesem Gesetz wurden verschiedene Programme eingeführt, die die Bezahlung im Medicare-Programm an die Qualität der erbrachten Gesundheitsversorgung koppeln. Diese Programme wurden seitdem wissenschaftlich untersucht und bieten Einblicke in die Umsetzung von Value-Based Reimbursement in einem Gesundheitssystem.

Ein bedeutendes Programm ist das Value-Based Purchasing Program (VBP). Es belohnt über 3.000 Krankenhäuser in den USA mit zusätzlichen Zahlungen, wenn sie bestimmte Qualitätsstandards erfüllen. Andererseits werden Krankenhäuser bestraft, wenn sie diese Standards nicht erreichen. Das Ziel ist es, die Sicherheit und die Erfahrungen der Patient:innen zu verbessern. Um das Programm zu finanzieren, wurde die Grundvergütung für Leistungen im Medicare-Programm um 2% gekürzt. Die Einsparungen dienen als Grundlage für die zusätzlichen Zahlungen. Die Höhe der Zahlungen basiert auf einem jährlich berechneten “Gesamtleistungswert”, der sich aus wechselnden Indikatoren in den Bereichen Sicherheit, klinische Versorgung, Effizienz und Kosteneinsparung sowie Versorgungskoordination zusammensetzt.

Im Durchschnitt zahlten Krankenhäuser, die die Qualitätsstandards nicht erfüllten, im Jahr 2020 Strafen in Höhe von 1,2 Millionen Dollar. Hingegen erhielten Krankenhäuser mit einem guten Leistungswert durchschnittlich 203.000 Dollar. Wissenschaftliche Untersuchungen deuten darauf hin, dass Krankenhäuser, die Strafen zahlen mussten, im folgenden Jahr signifikante Verbesserungen erzielten.2

Über 3000 teilnehmende US Krankenhäuser
Gewöhnlich 203 Tsd. US$ Auszahlung für gute Leistungswerte
(pro Krankenhaus)
Durchschnittlich 1,2 Mio. US$ Strafzahlung für Nichteinhaltung der Qualität
(pro Krankenhaus)

Ein weiteres Programm, das auf einen anderen Ansatz setzt, nennt sich Hospital Acquired Condition Reduction Program. Dieses Programm zielt darauf ab, Krankheiten und Gesundheitsprobleme, die Patient:innen während ihres Krankenhausaufenthalts entwickeln, zu reduzieren. Hierbei wird eine Bewertung (Berechnung eines Scores) durchgeführt, um die Leistung der Krankenhäuser zu messen. Krankenhäuser, die in dieser Bewertung im untersten Viertel liegen, erhalten weniger Geld für die durchgeführten Behandlungen.3

Großbritannien

In Großbritannien gibt es das Quality and Outcome Framework (QOF), das darauf abzielt, die Qualität der Versorgung von Menschen mit langfristigen Gesundheitsproblemen in der Arztpraxis zu verbessern. Dabei wird ein Punktesystem verwendet, bei dem Ärzt:innen bis zu 1.050 Punkte sammeln können. Diese Punkte werden in Bereichen wie “medizinische Betreuung”, “Organisation der Versorgung” und “Zufriedenheit der Patient:innen” vergeben. Am Ende eines Jahres erhalten Ärzte:innen, basierend auf ihren Punkten eine zusätzliche Zahlung. Dieses System soll Anreize schaffen, um die Versorgungsqualität in der Arztpraxis kontinuierlich zu verbessern.4

 

Deutschland

In Deutschland wurden im Jahr 2018 Qualitätsverträge, laut § 110a Abs. 1 Satz 1 SGB V eingeführt. Diese Verträge haben das Ziel, die Qualität der Gesundheitsversorgung zu verbessern. Sie werden zwischen Krankenkassen oder Krankenkassenverbänden und Krankenhäusern abgeschlossen und gelten für spezielle medizinische Bereiche, die durch ICD-10-GM-Codes definiert sind.

In diesen Qualitätsverträgen werden besondere Maßnahmen festgelegt, die über die übliche Versorgung hinausgehen oder die Sicherheit der Patient:innen erhöhen sollen. Um die Umsetzung dieser Maßnahmen zu fördern, werden Anreize wie zusätzliche Zahlungen oder qualitätsbasierte Empfehlungen vereinbart. Dadurch wird angestrebt, dass Krankenhäuser nicht nur nach der Menge oder Anzahl der durchgeführten Maßnahmen vergütet werden, sondern auch nach der Qualität der Versorgung und den daraus resultierenden positiven Auswirkungen auf die Patient:innen.

Inzwischen hat der von Heartbeat Medical entwickelte Qualitätsvertrag PROvalue Endo, der für endoprothetische Behandlungen steht, breite Anerkennung gefunden. Zahlreiche angesehene Einrichtungen setzen diesen Vertrag erfolgreich um, darunter die Helios ENDO-Klinik Hamburg, die Orthopädische Klinik Volmarstein, das St. Josef-Stift Sendenhorst und das Diakonie-Klinikum Stuttgart. Verschiedene Versicherungen, darunter die Techniker Krankenkasse, Barmer, DAK Gesundheit und andere, haben ebenfalls ihre Unterstützung für den PROvalue Endo Vertrag bekundet.