Veröffentlicht

August 5, 2022

Patient-Reported Outcome Measures bei Erkrankungen der Schulter – DASH-Score, ASES und SANE

Die Wahl der richtigen PROMs ist von herausragender Bedeutung, um medizinische Interventionen wie z.B. die Implantation eines künstlichen Schultergelenks valide bewerten und vergleichen zu können. Wir stellen die wichtigsten PROMs auf diesem Gebiet vor und erörtern ihre Stärken und Schwächen.

PROMs bei Erkrankungen der Schulter

Erkrankungen der Schulter, des Ellenbogen- und des Handgelenks beeinträchtigen bis zu 30% der Menschen in Deutschland 1 und haben gravierende Folgen für die Funktionsfähigkeit und Lebensqualität der Betroffenen. Die Forschung in diesem Bereich hat sich lange darauf konzentriert, das Outcome von orthopädischen/unfallchirurgischen Interventionen mithilfe klinischer Daten darzustellen. In letzter Zeit wird jedoch zunehmend die Relevanz der Perspektive der Patient:innen erkannt: Mit der Entwicklung von validierten Patient-Reported Outcome Measures (PROMs), die die patientenseitige Wahrnehmung von Symptomatik und funktionellem Status ohne Interpretation Dritter erfassen, wird ein ganzheitlicher, mehrdimensionaler Ansatz möglich.4

Was sind PROs?

Unter Patient-Reported Outcomes bzw. PROs versteht man eine Bewertung des individuellen Gesundheitszustandes von Patient:innen, das direkt von diesen stammt und nicht durch Dritte interpretiert wird. Es nimmt die subjektive Einschätzung der Patient:innen auf.

Was sind PROMs?

Patient-Reported Outcomes Measures bzw. PROMs sind wissenschaftlich validierte Instrumente für die strukturierte Bewertung und Interpretation von patientenbezogenen Ergebnissen (PROs). Sie nutzen definierte Fragen, Befragungszeiträume und Bewertungsskalen.

Der DASH Score

Bei Erkrankungen der oberen Extremität ist der DASH-Score einer der meistgenutzten PROMs.4 Der DASH-Score wurde bereits 1996 vom Council of Musculoskeletal Specialty Societies, der American Academy of Orthopaedic Surgeons und dem Institute for Work and Health Canada entwickelt. Er umfasst 30 Fragen und erfragt, inwieweit die Patient:innen in der letzten Woche Probleme bei der Ausführung bestimmter Tätigkeiten hatten. Der DASH-Score ist schnell zu einem etablierten und validen Instrument geworden, das bei verschiedenen Funktionsstörungen von Schulter, Arm und Hand zuverlässig eingesetzt werden kann. Es gibt zudem eine Weiterentwicklung, in der der ursprüngliche DASH Score gekürzt wurde: Der QuickDASH-Score umfasst nur 11 Fragen und erzielt trotz seines geringeren Umfangs ähnliche Ergebnisse wie der DASH-Score.5 Beide Versionen sind auch in deutscher Übersetzung validiert.

Wie bei jedem anderen Instrument gibt es allerdings wichtige Einschränkungen zu beachten. Zuvorderst: DASH-Score – und in der Konsequenz auch der QuickDASH-Score – nehmen keine Unterscheidung zwischen den einzelnen Gelenken der oberen Extremitäten vor, sondern testen lediglich, inwieweit Patient:innen in der letzten Woche generell Probleme bei der Ausführung bestimmter Tätigkeiten hatten. Die Fragen sind unabhängig davon zu beantworten, welcher Arm oder welche Hand für die jeweilige Tätigkeit notwendig ist – der DASH-Score ist also kein gelenkspezifischer Fragebogen, sondern misst die Funktion beider oberer Extremitäten als Ganzes. 

Das macht ihn zwar besonders alltagsnah und so lässt sich dieser Score in einem weiten Feld von Erkrankungen und Verletzungen einsetzen, auf der anderen Seite ist es aber kaum möglich, spezifische Symptome auf einen bestimmten Zustand wie z.B. eine Prothese im Schultergelenk zurückzuführen.4 Denn der DASH Score deckt ein so großes anatomisches Areal ab, dass Zuordnungen deutlich erschwert werden. Besonders wenn es im Rahmen des Qualitätsmanagements darum geht, das Outcome von operativen Eingriffen zu vergleichen, stößt der DASH Score daher an seine Grenzen.

Der pASES

Eine Alternative ist der patient-reported American Shoulder and Elbow Surgeons Shoulder Score (pASES). Dieses Instrument wird ebenfalls sehr häufig bei Pathologien des Schultergelenks angewendet. Er wurde von der Society of the American Shoulder and Elbow Surgeons entwickelt und bewertet zum einen die Schmerzsymptomatik bzw. Instabilität im Schultergelenk mithilfe der visuellen Analogskala. Der zweite Teil bewertet die Funktionalität: Hier werden zehn Fragen zu zehn funktionellen Bereichen beantwortet – die Patient:innen müssen dabei einschätzen, wie schwer ihnen bestimmte Tätigkeiten fallen. In beiden Teilbereichen können maximal 50 Punkte erreicht werden, insgesamt sind demzufolge 100 Punkte möglich. Eine höhere Punktzahl steht dabei für eine geringere Krankheitslast. 9

Der pASES ist einfach und schnell durchführbar, seit 2008 gibt es eine validierte deutsche Übersetzung.7 Neue Studien kommen zu dem Ergebnis, dass der pASES besonders sensitiv für Auswirkungen spezifischer Pathologien wie z.B. bei glenohumoraler Arthritis ist.8 Damit ist der pASES besonders geeignet bei operativen Verfahren zum Gelenkersatz 9 und stellt in Studien zur Implantation von Schulterprothesen mittlerweile den am häufigsten genutzte Score dar.10

Der SANE

Gerade beim Schultergelenkersatz – aber auch bei anderen Pathologien des Schultergelenks – hat sich ebenfalls der Single Assesment Numeric Evaluation (SANE) bewährt. Dieses PROM ist schnell und einfach in der Durchführung, weil es mit nur einer Frage die subjektive Bewertung des aktuellen Gesundheitszustandes erfasst. Dabei geben die Patient:innen eine Punktzahl zwischen 0 und 100 an, wobei 100 Punkte ein voll funktionsfähiges Schultergelenk beschreiben. 11 In verschiedenen Studien hat sich der SANE als einfaches und effizientes Werkzeug zur Messung von Behandlungsfolgen bei Erkrankungen des Schultergelenks erwiesen und kann insbesondere ergänzend zu anderen Instrumenten eingesetzt werden.

Fazit

Im Bereich des Schultergelenks können verschiedene PROMs zum Einsatz kommen, die jeweils unterschiedliche Stärken und Schwächen aufweisen  und daher gründlich abgewogen werden sollten. Während der DASH-Score wegen seiner Alltagsnähe besonders oft genutzt wird und ein großes anatomisches Gebiet abdeckt, gibt es mit dem ASES und dem SANE Alternativen, die effizient und präzise Aussagen über die Auswirkungen von Behandlungen des Schultergelenks treffen können. Neuere Arbeiten nutzen daher immer öfter eine Kombination dieser PROMs. 12

Als führender Anbieter für die Erfassung und Analyse von PROMs in Deutschland empfiehlt auch unser Medical Team, den pASES und den SANE im Rahmen eines Standardsets zusammen mit einem generischen PROM wie dem PROMIS-29 zu nutzen.

Weitere Informationen zu PROMs der Schulter und vielen anderen PROMs finden Sie in unseren PROMs Guides.

Haben Sie Fragen zu einzelnen PROMS oder den Möglichkeiten, diese zu kombinieren? Wir beraten Sie gerne!