Großbritannien steht seit dem Volksentscheid zum Brexit im Juni 2016 vor großen politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen mit gewaltiger gesellschaftlicher Tragweite. Banken, Unternehmen und selbst EU-Bürger, die in Großbritannien gearbeitet haben, verlißen teilweise das Land. Darüber hinaus verlor London als Finanzzentrum nicht nur die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) sondern auch die Europäische Arzneimittelaufsichtsbehörde (EMA).
Wie steht es also um das Gesundheitssystem in England?
Derzeit leben 65,6 Millionen Menschen im Vereinigten Königreich (England, Schottland, Wales und Nordirland). Unter ihnen gibt es ca. 236.836 lizenzierte Ärzte, womit auf einen Arzt aktuell 277 Briten kommen.1,2 Die Gesamtausgaben des britischen Gesundheitssystems beliefen sich 2015 auf 251,2 Milliarden Euro (9,9% des BIP), dementsprechend bei damaliger Einwohnerzahl etwa 3856,9€/Einwohner.3 In Deutschland gibt es bei einer Bevölkerung von ca. 82,2 Millionen Menschen ca. 378.607 Ärzte, sodass wir pro Arzt auf etwa 217 Einwohner/Arzt kommen.4,5 Hier lagen die Gesamtausgaben 2015 bei 344,2 Milliarden Euro (11,3% des BIP), wodurch wir 4187,4€/Einwohner ausgegeben haben.6
Somit generiert Großbritanniens Gesundheitswesen 7,9% weniger Kosten als das Deutsche, bei Hochrechnung der Einwohnerzahlen folglich ca. 27,2 Milliarden Euro weniger. Das entspricht fast entweder 9% des Bundeshaushaltes, den gesamten Jahresausgaben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur oder den gesamten Personalausgaben des Bundes von 2015.7
Wie ist das britische Gesundheitswesen aufgebaut?
Das britische Gesundheitssystem basiert auf der Grundidee des Wohlfahrtsstaates des britischen Parlamentariers William Beveridge. Demzufolge wird die öffentliche Gesundheitsversorgung der gesamten Bevölkerung von Steuern finanziert, sodass fast alle medizinischen Leistungen für alle Einwohner kostenlos sind. Ausgenommen sind Medikamente, Behandlungen beim Augenoptiker und zahnmedizinische Leistungen. Es gibt jedoch Erkrankungen, für deren Behandlung Medikamente kostenlos sind, wie beispielsweise Diabetes mellitus, Schilddrüsenunterfunktion oder Tumorerkrankungen.11
Das deutsche Gesundheitssystem basiert wiederum auf Bismarcks Modell der Sozialversicherungen, in dem einkommensabhängig regelmäßige Beiträge an Krankenversicherungen zu zahlen sind. Diese Krankenversicherungen erstatten dann im Krankheitsfall Leistungen, die versichert sind.